Zunächst: Ich schäme mich! Ich reise jetzt seit Ende September im Spanisch-sprechenden Teil von Südamerika, in Ecuador, Perú, Bolivien, Argentinien und Chile, und bin nicht in der Lage, eine einfache Unterhaltung oder einen kurzen Dialog in Spanisch zu führen. Ich verstehe die Leute zuwenig gut – das mag auch am Spanisch der Südamerikaner liegen – ich habe aber auch keinen ausreichenden Wortschatz. Und das liegt an mir: ich hätte viel früher mit Spanisch-Lernen anfangen sollen. Und ich finde, es wäre eigentlich eine Voraussetzung, wenn man in diesen Ländern reisen will. Sich überall immer mit Englisch zu behelfen, macht zumindest mir kein gutes Gefühl. Was ziemlich gut geht, ist das Lesen und Verstehen, das ersetzt aber das Gespräch nicht.
Dann: eine Freundin hat mir einen Text eines Amerikaners geschickt, der schreibt, warum er immer wieder nach Südamerika reist. Ich kann seine Haltung sehr gut nachvollziehen. Erstens habe ich ja nur einen kleinen Teil gesehen, von Ecuador eigentlich nichts, von Perú einen Teil, von Bolivien und Argentinien ebenfalls und Chile ist in seiner grossen Nord-Süd-Ausdehnung so vielfältig, dass die paar Highlights im Norden und im Süden unmöglich alles gewesen sein können. Mehr Zeit und z.T. anders Reisen, z.B. Chile von Norden nach Süden mit einen Auto, das sind so Ideen. Auf jeden Fall kann ich jetzt meinen Sohn Benno sehr gut verstehen. Für ihn war es, glaube ich, das dritte Mal. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es auch für mich ein oder mehrere weitere Male geben kann, auch an Orten, an denen ich jetzt schon einmal war.
Dies ist mein Abschied von Südamerika. ¡Hasta luego! Das heisst „auf Wiedersehn“. Das heisst in diesem Fall auch Abschied nehmen vom Sommer, den ich hier vor allem in Süden als eher kühl, nun aber hier endlich in Zentral-Chile schön warm bis heiss, aber trocken erlebt habe, und eine Rückkehr in einen hoffentlich nicht mehr allzu strengen Winter. Das heisst auch Abschied nehmen von den Hunden. Ich weiss nicht weshalb, aber hier sind die Hunde ausserordentlich freundliche Tiere, auch untereinander. Ein Freund von mir hat festgestellt, dass man mit Hunden nicht spazieren gehen muss – sie gehen selber. Und sie sind nie aggressiv gegen andere Hunde, allenfalls bellen sie Autos an. Und es heisst Abschied nehmen von alle den freundlichen Menschen und dem guten Essen, dem guten Bier, das in anständigen Portionen serviert wird, nämlich in Literflaschen, und dem guten Wein. Als Einzelreisender ist es bezüglich Wein immer etwas schwierig: auch eine halbe Flasche ist manchmal etwas viel (weil man vorher schon ein Bier gehabt hat natürlich). Ich habe immer guten Wein bekommen, wenn ich ein Glas Roten oder Weissen bestellt habe. Der Malbec in Argentinien oder der Carménère in Chile, auch der weisse Torrontés in Argentinien haben mich nie enttäuscht.
Wenn ich meine jetzige Erfahrung mit den ersten Eindrücken vergleiche, sieht die Welt für mich anders aus: ¡Hasta luego, América del Sur!
Ich werde am 18. Januar an Bord dieses Schiffes gehen, das mich über den Atlantik bringt. Wie üblich in solchen Fällen, werde ich in dieser Zeit nicht erreichbar sein, vielleicht in den nächsten acht Tagen kurzzeitig per SMS, wenn wir durch den Panamakanal skippern oder in Cartagena (Kolumbien) anlanden. Und erst wieder, vielleicht, auch mit SMS, wenn wir in den Ärmelkanal einfahren.

BALTHASAR SCHULTE, Cartagena, Oktober 2012