
CMA CGM MATISSE, Gatun Locks, Panama, 2012
Mit diesem Schiff habe ich 2010 den Atlantik von Philadelphia nach Le Havre überquert. Um meine Reise verfolgen zu können, hier ein Link:
Ich bin am Montag, dem 12. September am Mittag an Bord dieses Schiffes gegangen. wurde sogleich vom Kapitän empfangen, einem Inder, hier Chef einer ganzen Crew aus Indien. Die einzige Ausnahme ist ein Offizier aus Sri Lanka. Alle sind extrem freundlich, wie ich es in dieser Form auf keinem Schiff erfahren habe. Ich habe gleich nach dem an Bord gehen ein Mittagessen bekommen und dann ein Abendessen. Ich versuche den für mich zuständigen Stewart – er heisst tatsächlich Newton und ist aus Goa – dazu zu bringen, mir nur halbe Portionen zu servieren, um mein Gewicht unter Kontrolle zu halten.
Auslaufen war gegen Mitternacht angesagt: Schade, ich hätte die achtstündige Fahrt den Mississippi hinunter bis zur Mündung in den Golf von Mexiko gerne bei Tag erlebt, aber eben! Wir sind dann um 19:00 ausgelaufen, sodass ich immerhin trotz der hier sehr schnell einbrechenden Dunkelheit noch ein paar Bilder von New Orleans vom Schiff aus machen konnte. Schon ein erhebendes Gefühl wieder auf einer Brücke zu stehen, gut 30 Meter über dem Wasser und zu sehen, wie sich das Schiff langsam zu bewegen beginnt: die Reise hat begonnen!

New Orleans, ein letzter Blick in die Canal Street
13.9.2016: Zuerst noch etwas Sonne und eine leicht bewegt See, dann Regenschauer auf einer bleiernen See auf dem Weg nach Süden, gegen Abend klart es etwas auf bleibt aber bedeckt. Ich hatte schon gestern Abend den Eindruck, Kinderstimmen zu hören und dachte, dass jemand in einer der Kammern einen Film etwas laut laufen lässt. Fact ist, dass die Familie des Chief Officer mit an Bord ist, die ich heute Morgen kennen gelernt habe. Am Abend werden Geburtstage von verschiedenen Crew-Mitgliedern gefeiert. Es gibt Schokoladekuchen und für die Jubilaren ein Box Coca Cola. Jener der heute Geburtstag hat geht mit einem Stück Kuchen zum Chief Engineer und zum Kapitän und bietet ihn das Stück an. Diese brechen ein Stück ab und schieben es den Jubilaren in den Mund. Dasselbe macht er mit mir. Getrunken wird nur Coca Cola.

Auf dem Weg nach Kingston, 13.9.2016
14.9.2016: Heute wieder das gleiche Szenario: relativ ruhige See, Regen und Sonne gemischt. Wir sind auf der Höhe der Westspitze von Kuba, das mit 20 Meilen hinter dem Horizont liegt. Gegen Abend klart es auf, die See bleibt ruhig.

NOL–Kingston, 14.9.2016, wieder einmal ein Sonnenuntergang
15.9.2016: Ein weiterer Tag auf See. Ich lasse mir von Kapitän die komplizierte Organisationsstruktur der Handelsseefahrt erklären: Ich reise auf der CMA CGM Matisse. CMA CGM ist ein französisch-multinationale Reederei, bezüglich der Anzahl Schiffe und des Ladevolumen die drittgrösste der Welt. CMA CGM Matisse gehört, obwohl sie so heisst, nicht CMA CGM. Der Eigentümer des Schiffes ist eine Firma namens Global Ship Lease mit Sitz in Nicosia, Zypern. Diese least das Schiff an CMA CGM mit einem langjährigen Vertrag, nach dem Kapitän mindestens etwa acht Jahre. Damit transportiert CMA CGM Container um die Welt und hin und wieder auch Passagiere. Ich habe also für CMA CGM denselben Status wie ein Container, nur dass ich nicht auf Deck mitreisen muss, sondern in einer durchaus angenehmen Kammer (Kabine) und dreimal im Tag zu essen bekomme. Der Kapitän und die ganze Crew sind auch nicht von CMA CGM angestellt, sondern von einer weiteren Firma namens Anglo-Eastern QHSE Management Group mit Sitz in – weiss ich nicht – die die Crew nicht etwa CMA CGM zur Verfügung stellt, sondern Global Ship Lease. Ich gehe davon aus, dass diese Konstrukte ökonomisch bedingt sind. Das heisst aber auch, dass der Kapitän, der zwar für die Sicherheit seiner Ladung zuständig ist, nicht aber für deren Seelenzustand, nicht verpflichtet wäre, den Kühlschrank des Transportfalles Passagier mit Bier zu füllen. Der Transportfall weiss es aber durchaus zu schätzen (merkt man es?). Gegen Abend verlangsamen wir die Fahrt, da der Hafen in Kingston, Jamaica, noch nicht frei ist.

NOL–Kingston, 15.9.2016
16.9.2016: Wir laufen in der gerade beginnenden Morgendämmerung bei Vollmond um 4:40 Uhr in den Hafen von Kingston ein. Am Liegeplatz nebenan ist die deutlich grössere CMA CGM Columbia, ein eindrücklicher Brocken, zwar nicht viel länger aber deutlich breiter und mit den Aufbauten im vorderen Teil des Schiffes. Die waren schon am Laden als wir einfuhren und laden am späten Abend immer noch. Auslaufen ist für 18:00 angesagt, was mich dazu bewegt nur kurz zur Hafenkantine zu gehen, um ans Internet zu kommen. Das WiFi ist aber so schwach, dass ich wohl die Betreffzeilen der E-Mails bekomme, für den Inhalt reicht es aber nicht. Zurück auf dem Schiff, ein ruhiger Tag mit Lesen, Schreiben, Schlafen – ungefähr das was ich zuhause vermutlich auch machen würde. Um 19:00 sind sie immer noch am Laden, um 23:00 auch noch. Ausgelaufen sind wird dann tatsächlich am …

CMA CGM COLUMBIA, Kingston, Jamaica

Kingston, Jamaica, wie es Hornblower nie gesehen hat
17.9.2016 … um 03:00 Uhr morgens. Unterwegs sind wir nach Cartagena, Kolumbien, wo wir am 18.9. eintreffen sollen. Heute ist die See deutlich rauer, d.h. man muss schon balancieren, wenn man herumläuft. Gegen Abend nimmt es sogar noch etwas zu. Ich bekomme jeden Abend einen Stick mit den neuesten Nachrichten zu Politik, Schifffahrt und Sport. Der diensthabende Offizier hat die Aufgabe, mir die auf einem Stick zu liefern. Also nicht nur Bier!

Kingston–Cartagena, 17.9.2016
18.9.2016: In der Nacht nimmt das Rollen des Schiffes zu und die Geschwindigkeit wird langsamer, d.h. schlecht schlafen und warten. Wir können in Cartagena erst am Nachmittag einlaufen. Bis wir am Kai liegen, ist es drei Uhr nachmittags. Ablegen ist schon auf 20:00 Uhr angesetzt, also entschliesse ich mich, nicht von Bord zu gehen. Ich war da ja schon mal! Schliesslich legen wir um 23:00 ab, der Lotse geht nach Mitternacht von Bord und wir sind auf dem Weg Richtung Panama.

Cartagena (COL)
19.9.2016: Ei n Tag auf See, meist ruhig wenig Bewegung. Auch jetzt wieder sind wir nur mit halber Kraft unterwegs, da die ursprüngliche Einfahrt in den Kanal bei Colón/Manzanillo von 1:00 Uhr auf 08:00 Uhr verschoben wurde.

Gatun Locks, Panama, früh am Morgen
20.9.2016: Um 04:45 weckt mich ein Anruf des Kapitäns. Wir liegen vor den Gatun-Schleusen bereit zum Einfahren und der Lotse ist angesagt. Als ich auf der Brücke erscheine, packt gerade der Lotse, der das Schiff vom Ankerplatz zur Schleuse gebracht hat, seine Sachen und jener, der uns durch den Kanal bringt, richtet sich ein. Noch ist es dunkel. Wir fahren in die erste Schleusenkammer bis zu einer Brücke, die noch immer von Strassenverkehr befahren wird. Der Lotse gibt allen eine Pause: die Brücke ist offiziell von 06:30 bis 07:30 geöffnet, also müssen wir warten. Nachher geht es schnell. Bald schon sind wir im Gatun-See oberhalb der dritten Schleusenstufe. Hier warten wir auf das Eintreffen einer Nachricht betreffend eines Kontrolleurs von Anglo-Eastern, der in Balboa (Panama) an Bord kommen sollen. Schliesslich geht es los und als ich nach einer kleinen Pause wieder auf der Brücke erscheine, sind wir schon bei Gamboa. In diesem Teil des Kanals gegen Süden wird noch an der Erweiterung gebaut, hier ist er noch nicht breit genug für die Kreuzung zweier Schiffe. Im Moment scheint allerdings nicht viel los zu sein. Es kommen nur wenige Schiffe entgegen und in der neuen Schleuse auf der Südseite scheint sich gar nicht zu tun.

Gatun Locks, Panama

Gamboa. Hier wird noch an der Verbreiterung des Kanals gebaut

Gamboa–Pedro Miguel Locks, Puente Centenario
Im Kanal sind bei grossen Schiffen immer zwei Lotsen an Bord, sie sich abwechseln. Diese beiden sind sympathisch und machen ihre Scherze mit mir. Der eine hat mitbekommen, dass ich zum zweiten Mal durch den Kanal fahre und meint, dass die vielen Leuten auf einem Balkon eine Restaurant bei der Miraflores-Schleuse hier seien, weil ich eben zum zweiten Mal hier durchfahre. Eigentlich möchte ich das auch einmal von aussen sehen, wie so ein grosses Schiff nahe an einem vorbei zieht.

Pedro Miguel Locks, rechts Abzweigung zu den neuen, grösseren Schleusen

Miraflores Locks

Miraflores Locks

Miraflores Locks
Im späten Nachmittag erreichen wir den Pazifik auf dem unsere Reise nach Süden ohne Halt weiter geht. Nebst zahlreichen anderen Schiffen, die in der Bucht ankern, liegt etwas abseits die HANJIN BALTIMORE, eines jener Schiffe der konkursiten Hanjin-Reederei, die man nicht in die Häfen, geschweige denn in den Kanal einfahren lässt. In den Nautical News wir erwähnt, dass die Situation für die Mannschaften zum Teil schon prekär wird, aber gerade die können ja eigentlich nichts dafür, dass die Firma Konkurs geht. Ob die Shareholder in diesen Tagen auch eingesperrt sind? Na ja, mehr muss man dazu ja nicht sagen …

Blick auf das urbane Panama City

Puente de las Américas, Balboa, Panama

Master Tanuj, Cpt. David M. Pardo (Lotse), Balboa
21.9.2016: Tag- und Nachgleiche, Herbstanfang. Am Vormittag bis in den Tag hinein starker Regen, aber eine ruhige See. Wie sind langsam unterwegs, da wir früher als vorgesehen durch den Kanal gekommen sind. Der „Auditor“ von Anglo-Eastern ist ein 40jähriger Sikh, Harbinder Singh Soni, der vorher selber Kapitän war.

Panama–Guayaquil, 21.9.2016
22.9.2016: Ein freundlicher Morgen und eine etwas rauhere See, aber nicht viel Bewegung im Schiff. Am Abend gibt es im Recreation-Room der Passagiere eine Party für die ganze Mannschaft, was mir Gelegenheit gibt, etwas zum Trinken zu spenden (wie ich das gelernt habe …). Anstelle der Karaoke-Maschine der Filipinos haben sie hier eine Box mit indischen Produktionen indischer und indisch angepasster westlicher Musik. Die Filmchen dazu zeigen meist Schönheiten, die nicht unbedingt indisch aussehen. Das Essen das der Cookie auf das Buffet zaubert ist hervorragend.

Party-Buffet bzw. ein kleiner Teil davon

.. und das ist der Künstler, der das alles herzaubert, unser Cookie

Im weissen Hemd der 2. Offizier, im blauen Newton Leitao, der Messman, der mich mästete, rechts der 3. Offizier und im Vordergrund der Master Tanuj
23.9.2016: Schlafen war etwas schwieriger diese Nacht. Das Schiff rollt, auch tagsüber obwohl die See ziemlich ruhig ist. Es bleibt den ganzen Tag rauh. Während des Frühstücks haben wir den Äquator überschritten bzw. überfahren (wie sagt man das richtig?).

CMA CGM Matisse, Panama–Guayaquil, ungefähr auf dem Äquator
24.9.2016: Diese Nacht hat es in sich. Obwohl die See äusserlich ziemlich ruhig ist, rollt das Schiff stark. Ab 2:00 morgens ist an Schlaf fast nicht mehr zu denken. Das geht auch am Morgen so weiter, obwohl die Küste von Ecuador schon in Sicht ist. Ich frage den Kapitän, ob es einen Trick gibt, wie man unter diesen Umständen schlafen kann. Er kennt auch keinen. Dieses Phänomen der kaum sichtbaren Dünung habe ich 2012 im Pazifik ja schon einmal erlebt. Auf der Brücke gibt es eine Anzeige für den Winkel, wie weit das Schiff gerollt ist. Er steht beidseits auf 14°. Nach dem Frühstück auf der Brücke will ich ein kleines Filmchen davon machen. Natürlich hört es auf bevor ich soweit bin!

Einfahrt nach Guayaquil auf einem Seitenarm des Rio Guayas

Guayaquil, südlicher Stadtteil beim Hafen, ein endloses Meer solcher Häuser
Nach 9 Uhr kommt der Lotse an Bord. Die Fahrt geht in die Mündung des Rio Guayas hinein und dann auf einem Seitenarm bis zur Anlegestelle, Hafen wird man das kaum nennen können. Hier heisst es Abschied nehmen von diesen angenehmen Leute und dem für mich so einfachen Bordleben. Der indische Auditor geht hier auch von Bord und wird von hier in die USA zu seinem nächsten Job fliegen. Wir unterziehen und dem gleichen Ritual, wie das in allen Häfen so üblich ist, viele Beamte, die etwas zu trinken und Geschenke bekommen. Aber die Fingerabdrücke müssen wir am Gate nicht geben, obwohl die Einrichtung dazu vorhanden ist. Um 6 Uhr sind wir im Hotel in der Innenstadt. Bei Nachtessen im leeren Restaurant, das Essen war dann aber gut, hat es nur noch eine Flasche bzw. ein Fläschchen Bier!

https://antibiotictabs.com/levaquin/index.html , Calle Aguirre“ width=“500″ height=“375″ /> Stadtzentrum Guayaquil, Calle Aguirre